Junior Consultant Marion Siegl im Interview

Wie gelingt der Sprung in die Unternehmensberatung? Marion Siegl hat im Personalbereich eines Premiumherstellers den Change-Prozess begleitet. Im Sommer 2018 ist sie als Beraterin durchgestartet und unterstützt agile Teams in der Elektronikentwicklung.

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Frau Siegl, Sie kommen aus dem Personalwesen. Jetzt coachen Sie Teams von Entwicklern. Gibt es Erfahrungen, die Sie auf Ihre neue Aufgabe übertragen können?

Ja, aus dem Personalbereich nehme ich vor allem einiges an Faktenwissen mit. Ich kenne mich mit der Gesetzeslage im Arbeitsrecht aus, und ich habe arbeitspsychologische Einsichten bekommen, die mir jetzt weiterhelfen. Im Entwicklungsbereich spielen Zahlen eine große Rolle, Scrum etwa wird oftmals vor allem zur Effizienzsteigerung eingesetzt. Manchmal geht dabei unter, wie das Miteinander im Team gestaltet wird. Da kann ich mit der Brille aus dem Personalbereich klar sagen: der Umgang untereinander wirkt sich letztlich mehr auf den Erfolg aus als die Wahl der Projektmethoden oder der digitalen Tools. Mit anderen Worten: Der Ton macht die Musik.

Wie kommen Sie denn überhaupt zu dem Wechsel aus dem Personalwesen in die Beratung?

Ich wollte immer mit Menschen arbeiten. Mir macht es unglaublich Spaß, anderen die Arbeit zu vereinfachen, zu verschönern oder zu verbessern. Eine Tätigkeit im Personal-Bereich lag deswegen nahe, und ich bin in die HR eines Automobilherstellers gegangen. Nach einiger Zeit habe ich allerdings gemerkt, dass dort doch mehr administrative Arbeit auf mich zukam als ich gedacht hatte. Also habe ich etwas anderes versucht, und bin zu Kugler Maag Cie gewechselt. Tatsächlich ist die Beratung viel näher an dem, was ich machen will: Hier bin ich Begleiter und gebe den Menschen Ideen an die Hand, wie sie ihre Arbeit verbessern können.

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Agiles Arbeiten bedeutet, proaktiv auf die sich ständig verändernden Umweltbedingungen zu reagieren.

Marion Siegl Junior Consultant

Bei Ihren Abschlussarbeiten haben Sie sich intensiv mit der Steuerung von Veränderungsprozessen beschäftigt. Jetzt stehen Sie mitten im Feuer. Wie gut hat Sie die Theorie auf die Praxis vorbereitet?

Es gibt einige Punkte, von denen ich heute profitiere: Meinen Bachelor habe ich zum »Lebenslangen Lernen« geschrieben. Dabei habe ich mich sehr viel damit auseinandergesetzt, wie Menschen eigentlich lernen. Das kommt mir jetzt zu Gute, denn genau das ist meine Aufgabe als Beraterin, Menschen beim Lernen zu begleiten. Außerdem habe ich gelernt, die Vogelperspektive einzunehmen. Die Entwickler sind meist extrem tief in ihrer Materie. Da hilft es, wenn ab und zu jemand sagt: Tritt mal einen Schritt zurück und schau es dir nochmal von außen an.

Trotzdem muss ich sagen: Ich habe im Studium zwar viel gelernt, aber nur wenig davon hat mich direkt auf die Praxis vorbereitet. Die fachliche Komponente in Bezug auf Führungs- und Coaching-Methoden, habe ich mir in der Praxis angeeignet. Das funktioniert nur, wenn es einem Freude bereitet. Wichtig dafür sind viel Empathie und die Bereitschaft, in ungewohnten Situationen zu improvisieren.

Wenn Sie die Anwendung von agilen Methoden in den beiden Funktionsbereichen vergleichen:

Gibt es ein gemeinsames Grundverständnis, oder sind Entwicklung und HR komplett andere Welten?

Da geht die Wahrnehmung tatsächlich weit auseinander, allerdings nicht nur zwischen diesen beiden speziellen Bereichen, sondern ganz allgemein und auch innerhalb von Branchen und Funktionsbereichen. Wer »agiles Arbeiten«googelt, der findet viele verschiedene Definitionen dafür. Meistens läuft es so, dass eine Organisation oder der jeweils Verantwortliche sich davon einzelne Teile herauspickt, die ihm am besten gefallen. Dabei bleibt allerdings oft die Kernidee auf der Strecke.

Was ist denn für Sie die Kernidee?

Agiles Arbeiten bedeutet, proaktiv auf die sich ständig verändernden Umweltbedingungen zu reagieren. Das gilt für Teams, Abteilungen oder ganze Konzerne. Bei jedem Plan, den ich entwerfe, muss ich mir im Klaren sein, dass sich die Bedingungen wieder ändern können – und ich vielleicht bald schon wieder vom Plan abweichen muss. Es bedeutet aber auch, den Mitarbeitern einen Rahmen zu schaffen, in welchem sie stabil und fokussiert arbeiten können. Wenn Organisationen das verinnerlicht haben, können sie auch bei Turbulenzen ruhig und gezielt weiterarbeiten, ohne in Alarmstimmung zu verfallen. Dann bleiben sie nachhaltig lieferfähig ohne Teams und Mitarbeiter zu verheizen.

Sie stellen sich in den Dienst anderer Teams, auf der anderen Seite arbeiten Sie selbst auch in einem Team – wie haben Ihre Kollegen Sie auf Ihrem neuen Weg begleitet?

Das Onboarding bei Kugler Maag Cie ist von Mitarbeiter zu Mitarbeiter anders. Ich habe zu Beginn zwei direkte Ansprechpartner bekommen: Einen Operating Manager, mit dem ich alle administrativen Themen bespreche, und einen Mentor, der mich in fachlichen Themen unterstützt und mit dem ich zu Beginn immer zum Kunden gegangen bin. Dort habe ich zunächst einmal selbst viele Schulungen als Teilnehmer mitgemacht, nicht als Coach. So habe ich eine kleine Methoden-Schulung bekommen, und musste nicht gleich vom ersten Tag an produktiven Output liefern. Das hat meiner Entwicklung sehr gutgetan.

Sie sagen, Arbeiten bei Kugler Maag Cie sei anders. Was bedeutet das konkret im Arbeitsalltag?

Dass die Arbeit jeden Tag Spaß macht. Außerdem ist die fachliche Expertise hier extrem hoch, der Wissensaustausch mit den Kollegen absolut bereichernd. Die Unterstützung durch das Team ist phänomenal. Das alles habe ich so vorher nicht erlebt.

Sie haben gerade geheiratet – herzlichen Glückwunsch – wie läuft es denn mit der Work-Life-Balance?

Wir alle haben uns bewusst für den Beraterberuf entschieden. Er bringt viel Arbeit mit sich und viel Reisezeit, da sollten wir nicht drum herumreden. Dafür sind wir in der Ausgestaltung unserer Tätigkeit extrem frei. Wir wählen etwa Reisemittel und Hotels selber aus. Und sonst – ich konnte noch während meiner Probezeit in die Flitterwochen. Das ist sicher auch nicht alltäglich.

Sie haben Sprachkurse für Geflüchtete gegeben. Was nehmen Sie aus diesem Engagement mit?

Dass wir nie unterschätzen dürfen, welchen Einfluss die Rahmenbedingungen auf unser Verhalten haben. Wir Menschen sind keine konstanten Einheiten. Unser Verhalten kann von außen unlogisch oder nicht nachvollziehbar erscheinen, denn es erklärt sich immer nur von Innen heraus. Unter unterschiedlichen äußeren Bedingungen können sich komplett andere Seiten von uns zeigen. Wenn ein Team nicht gut arbeitet, hilft deswegen oft der Blick auf die Rahmenbedingungen der einzelnen Mitglieder.

Wenn einem die Handlungen Anderer unschlüssig erscheinen, dann liegt es in der Regel daran, dass man die Gründe dafür nicht gut genug kennt. Denn jeder Mensch handelt in sich schlüssig, allerdings immer im Lichte seiner persönlichen Biographie, Rahmenbedingungen und Überzeugungen.